Was für Männer regieren unsere Welt?

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Das soll passiert sein: Das 32-jährige Zimmermädchen habe die Suite von Strauss-Kahn gegen 13 Uhr in dem Glauben betreten, sie sei leer. Plötzlich sei der Mann nackt aus dem Badezimmer gekommen, habe sie aufs Bett geworfen und sie zum Oralverkehr gezwungen. Als die Frau ins Badezimmer floh, habe er die Suite abgeschlossen und sie weiterverfolgt. Letztendlich habe sie sich befreien können und sofort ihre Kollegen informiert. Die riefen umgehend die Polizei. Doch da hatte Strauss-Kahn schon „fluchtartig“ die Suite des Sofitel Manhattan verlassen – und dabei sein Handy und weitere „persönliche Gegenstände“ vergessen.

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Strauss-Kahn ist mit der in Frankreich bekannten Journalistin Anne Sinclair verheiratet und Vater von vier Kindern. Bei Journalisten hat der Spitzenpolitiker schon lange den Ruf, dass „er auf alles springt, was sich bewegt“. Für die Affäre mit einer Untergebenen, die 2008 publik wurde, hatte der IWF-Chef sich öffentlich entschuldigt. In den letzten Wochen allerdings war, vor allem in der konservativen Presse, Kritik an dem Lebenswandel von DSK laut geworden - und dieser hatte gerade angekündigt, gegen solche „Verleumdungen“ gerichtlich vorgehen zu wollen.

Der IWF-Chef wurde Minuten vor dem Abflug der Air-France-Maschine in New York aus dem Flugzeug geholt. Noch wird er in der Polizeistation von Harlem verhört. Seine Anwälte ließen aber bereits wissen, dass er auf „unschuldig“ plädieren würde. Was sonst.

Nach der Verurteilung wegen Vergewaltigung des Ex-Staatschefs von Israel, Mosche Katzav, ist dies innerhalb kurzer Zeit die zweite Anklage gegen einen internationalen Spitzenpolitiker wegen eines Sexualverbrechens. Die Prognose liegt nahe, dass ein solches Vorkommnis wie in New York in Moskau zum Beispiel nicht zur Verhaftung eines so mächtigen Mannes geführt hätte. In Kenia und in vielen anderen Ländern der Welt wahrscheinlich auch nicht. Und in diesem Fall vielleicht auch nicht in Paris... Doch grundsätzlich ist in der westlichen Welt eben einiges passiert in den letzten 40 Jahren. Vor allem in den USA, wo die Frauenbewegung traditionell besonders stark ist. Seither gilt: Auch Frauen sind Menschen, und auch Sexualverbrechen sind Verbrechen.
 
Da wird es in Zukunft wohl unausweichlich werden, dass Parteien auch die Frage nach dem Frauenbild und der Sexualmoral ihrer Spitzenpolitiker stellen und dies nicht länger, wie traditionell in Frankreich, als „Privatangelegenheit“ behandeln. Sonst laufen sie Gefahr, dass ihnen drei Meter vor dem Ziel ihr „starker Mann“ verloren geht. Und wir alle müssen uns fragen: Was für ein Menschenbild haben eigentlich solche mächtigen Männer? Und welche Auswirkungen hat die Politik solcher Männer auf uns alle?

 

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DSK: Frauenproteste in Frankreich: Wir

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Jedes Jahr werden in Frankreich 75.000 Frauen Opfer einer Vergewaltigung, aber nur jede zehnte zeigt das Verbrechen an, erklären die Initiatorinnen des Appells, die Organisationen Osez le Feminisme (Feminismus wagen), Paroles de Femmes (Frauen reden) und La Barbe (Der Bart), deren Mitglieder bei ihren Protestaktionen stets Bärte tragen. Und dazu, so die Protestlerinnen, tragen die verharmlosenden Kommentare wie die des Ex-Kulturministers Jack Lang („Es ist schließlich niemand gestorben“) oder des Philosophen Bernard-Henri Lévy („puritanischer Irrsinn“, in der Zeit) bei. Das findet auch die von Migrantinnen der Banlieus gegründete Frauenrechtsorganisation „Ni putes ni soumises“ (Weder Huren noch Unterdrückte): „Diese Affäre überschreitet weit den Kreis der beiden Protagonisten“, erklären sie. Schon jetzt würden Sätze laut wie: „Ich würde meiner Tochter von einer Anzeige abraten“ oder „Ich würde versuchen, allein zurechtzukommen, damit ich mich nicht in der selben Situation wiederfinde“.

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„Die Medien wiederholen immer wieder, dass für Dominique Strauss-Kahn die Unschuldsvermutung gelte. Nur wenige denken daran hinzuzufügen, dass das auch für das Zimmermädchen gilt und es hier eine ‚Opfervermutung’ geben muss“, erklären Béatrice Gamba und Agnés Guerin-Battisti, Sprecherinnen der Organisation Mix-Cité.

Nafissatou Diallo, das mutmaßliche Opfer, muss sich im bevorstehenden Prozess auf einiges gefasst machen. Nachdem das Sperma auf ihrer Uniform gerade als das von Dominique Strauss-Kahn identifiziert wurde (der zunächst behauptet hatte, die Frau nicht zu kennen und ein Alibi für die fragliche Zeit vorschob), kündigten die Anwälte des Ex-IWF-Chefs an, das „Vorleben“ der 32-Jährigen aus Guinea „zu durchforsten“.

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