Chloé Zhao: Sie geht ihren Weg
Die einzige Frau, die in der 76-jährigen Geschichte der Golden Globes jemals als beste Regisseurin ausgezeichnet wurde, war Barbra Streisand für „Yentl“ – vor 38 Jahren. Damals erblickte Chloé Zhao gerade in Peking das Licht der Welt. Ihr Vater leitete ein staatliches Stahlunternehmen, ihre Stiefmutter ist die in China sehr bekannte Schauspielerin Song Dandan. Auch Stieftochter Chloé begann, sich für Filme zu interessieren, und wurde bald selbst zu einer Art Nomadin. Mit 14 besuchte sie ein Internat in Brighton, mit 18 beendete sie die High School in Los Angeles. Dort wohnte sie in Koreatown hinter einem abgeranzten Grill, der ihre „so romantische Vorstellung, die ich von Amerika hatte“ in Bratfett ertränkte.
Zhao: Ich bin selber eine Outsiderin
Bevor Chloé schließlich an die New Yorker Filmhochschule ging, studiere sie Politik am Mount Holyoke-Frauencollege in Massachusetts. Sie sei ein „unabhängiger, feministischer Mensch“ und habe „Feminismus im Blut“, erklärt Zhao. Gerade deshalb habe sie es zunächst spannender gefunden, „Geschichten über männliche Charaktere aus einem weiblichen Blickwinkel zu erzählen. Ich möchte unseren Jungen zeigen, dass ein Held verletzlich sein und weinen kann.“ Ein zarter Held wie ihr Brady Blackburn in „The Rider“, in dem sie, wie in allen ihren Filmen, mit LaienschauspielerInnen arbeitete, die sich selbst spielten.
Frances McDormand war so angetan von Zhaos Erstling „The Rider“, dass sie die Frau kennenlernen wollte, die diesen Film gemacht hatte. Das Ergebnis ist „Nomadland“. McDormand hatte bereits die Rechte an dem faktenbasierten Buch erworben. Sie produzierte den Film und spielte die Hauptrolle, alle anderen „Nomaden“ sind auch im wahren Leben in ihren Campern unterwegs. „Der Zugang zu ‚Nomadland‘ wird für viele schwierig sein“, glaubt die Filmemacherin. „Einmal wegen der Altersfeindlichkeit des Westens, und auch wegen der generellen Vorbehalte gegen Menschen, die sich am Rande der Gesellschaft bewegen.“
McDormand: Heult zum Dank wie ein Wolf
Chloé Zhao selbst lebt am Rande von Los Angeles, in den Topatopa Mountains, zusammen mit Hunden, Hühnern und ihrem Lebensgefährten Joshua James Richards, der als Kameramann die poetischen Bilder in Zhaos Filmen macht.
„Die Landschaften sind Teil des Heilungsprozeses, den die Hauptfigur Fern durchlebt“, erklärt Zhao. Sie selbst habe „schon als Kind von der riesigen Steppe der Mongolei geträumt“. Stattdessen wurde es die Prärie in South Dakota. Zu den Landschaften gehören die Tiere. In ihrer kurzen Dankesrede zum Oscar zeigte Francis McDormand, was sie selber beim Drehen dieses Films gelernt hatte: Sie heulte wie ein Wolf.