Homo-Ehe: Spießig oder revolutionär?
In Frankreich gibt es sie seit Mai 2013: die „Ehe für alle“. Homosexuelle Frauen und Männer dürfen, genau wie Heterosexuelle, heiraten und Kinder adoptieren. Das Land war und ist gespalten in der Frage. Hunderttausende gingen gegen – und für - „la mariage pour tous“ auf die Straße. In Deutschland hat sich noch keine Regierung dazu durchringen können, die „richtige“ Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Aber es gibt die Möglichkeit der „Verpartnerung“, die rechtlich der Ehe (fast) gleichgestellt ist.
Marie-Jo Bonnet hat in den 70er Jahren im MLF (Mouvement de Libération des Femmes) dafür gekämpft, dass Frauen auch ohne Ehemann und Kinder gesellschaftlich als vollwertige Bürgerinnen anerkannt sind. Gemeinsam mit der „Front Homosexuel d’Action Révolutionnaire“ marschierte sie als „guine rouge“ (rote Lesbe) unter dem Banner: „Nieder mit der Diktatur des Normalen!“
Die Begeisterung der Homosexuellen für die „Ehe für alle“ macht die Historikerin ratlos. „Die revolutionären Homosexuellen von gestern sind die konventionellen Kleinbürger von heute geworden“, klagt sie. Auch die zahlreichen Familiengründungen (nicht selten mit Hilfe der Reproduktionstechnologie) findet Bonnet fragwürdig: „Ist die Mutterschaft etwa das Eintritts-Billet dieser jungen Lesben in die Gesellschaft?“
EMMA-Redakteurin Chantal Louis entgegnet: „Rebellin Marie-Jo Bonnet verkennt, dass schon die Homo-Ehe an sich ein Generalangriff auf das Patriarchat ist.“ Und sie findet: „Wichtig ist, dass wir alles dürfen, was Heteros dürfen – also auch heiraten.“
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