Schräges Transgesetz
Nun haben sie es also tatsächlich getan. Bei ihrer heutigen Kabinettsitzung verabschiedeten die MinisterInnen das verschleiernd sogenannte „Selbstbestimmungsgesetz“ (SBGG). Nach dem verkorksten Heizungsgesetz und dem von Familienministerin Paus boykottierten „Wachstumschancengesetz“ will die Ampel offenbar endlich mal entschlossen handeln. Dabei ist auch das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ nicht zu Ende gedacht und eine schräge Sache, die fatale Folgen hätte.
Der Entwurf trage „allen Bedenken Rechnung“, erklärte der Justizminister
Der wegen zahlreicher Kritik mehrfach geänderte Entwurf trage jetzt „allen Bedenken Rechnung“, erklärte Justizminister Buschmann. Das entspricht nicht der Wahrheit. Der Entwurf geht weiterhin davon aus, dass das biologische Geschlecht beliebig sei und ignoriert soziale Realitäten sowie den Schutz von Kindern, Jugendlichen und Frauen. Er bereitet im Gegenteil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vor, jungen Mädchen, die ein berechtigtes Unbehagen mit der Frauenrolle haben, zu suggerieren, sie seien „im falschen Körper“ und müssten einfach nur ein „Mann“ werden. Es folgen in der Regel Hormonbehandlungen, oft bis hin zu „geschlechtsangleichenden“ Operationen. Also Verstümmelungen des Körpers. Mit fatalen psychischen und körperlichen Folgen.
Aus Studien weiß man, dass der Wunsch nach Geschlechtswechsel viele Ursachen haben kann: Autismus, früherer sexueller Missbrauch oder auch eine verleugnete Homosexualität. Diese Ursachen müssen nicht zuletzt im Interesse der betroffenen Person ergründet werden, bevor dieser so schwerwiegende Schritt zur „Angleichung“ ans andere Geschlecht getan wird. Jegliche Befragung und medizinische Gutachten jedoch, warum der Mensch sein Geschlecht wechseln will, werden im Kommentar zu dem Gesetzesentwurf mit „Folter“ verglichen. Und für das Benennen der Realität der früheren Geschlechtsidentität einer transitionierten Person durch Dritte drohen bis zu 10.000 Euro Strafe.
Schwer vorstellbar, dass so ein ideologisches Konstrukt jenseits jeglicher Lebensrealität mehrheitlich durchs Parlament gehen wird. Da soll es nach Ende der Sommerpause debattiert werden. Schon jetzt protestieren nicht nur die Opposition, sondern auch Abgeordnete aus den Reihen der Koalition.
Das "Selbstbestimmungsgesetz" betrifft de facto die gesamte Bevölkerung!
Bisher hat auch die so dringend notwendige Debatte über diesen Gesetzesentwurf noch gar nicht stattgefunden. Weder die PolitikerInnen noch die Bevölkerung sind angemessen aufgeklärt worden darüber, welch weitreichende Folgen nicht nur für die extreme Minderheit der echt Transsexuellen, sondern für alle so ein Gesetz haben würde. Dem Vernehmen nach haben selbst viele grüne Abgeordnete noch nicht verstanden, was genau da im grünen Familienministerium geplant wurde. Und man darf mutmaßen, dass es womöglich noch nicht einmal alle in der MinisterInnenrunde begriffen haben. Denn Ministerin Paus und ihr Queer-Beauftragter, Staatssekretär Lehmann, haben sich redlich bemüht zu suggerieren, das Gesetz beträfe ja „nur eine winzige Minderheit“.
De facto betrifft es aber die gesamte Bevölkerung. Denn künftig soll jeder und jede ab dem Alter von 14 Jahren mit einer einfachen Erklärung beim Standesamt sein bzw. ihr Geschlecht „wechseln“ können. Voraussetzungen? Keine. Plausibilitätsprüfung? Nicht nötig. Beratung? Auch nicht. Noch nicht einmal für Kinder und Jugendliche. Künftig ist also jeder eine Frau, der einfach erklärt, eine Frau zu sein. Und jede Frau ein Mann, die erklärt, einer zu sein. Einmal im Jahr soll die Person den neuen Geschlechtseintrag wieder ändern können. Lebenslang hinundher, hinundher. Verrückt? Nein, ein Gesetzentwurf unserer Regierung.
Jeder Mann, der erklärt, eine Frau zu sein, kann in geschützte Frauenräume eindringen. Zum Beispiel in Frauensaunen, wo, wie nun schon mehrfach geschehen, er als biologischer Mann dann bleiben darf, nachdem er erklärt hat: „Ich definiere mich als Frau.“ Für Frauenministerin Paus ist dieser nun doch verwunderliche Vorgang nicht der Rede wert, denn: „Transfrauen sind Frauen“. Ob Exhibitionisten oder andere Sexualstraftäter das Gesetz missbrauchen könnten (wie im Ausland schon vielfach geschehen), schert sie nicht. Die Ministerin sieht „keinen Erörterungsbedarf“. Kann es sein, dass sie den Unterschied zwischen sex und gender, zwischen biologischem Geschlecht und kultureller Geschlechterrolle, einfach noch nicht verstanden hat?
Ist ein Gesetz zur Übernahme der Millionen-Kosten medizinischer Maßnahmen in Arbeit?
Auch die körperliche wie seelische Unversehrtheit Tausender Kinder und Jugendlichen, denen nun von Staats wegen suggeriert wird, sie könnten sich ihr Geschlecht aussuchen wie im Multiple-Choice-Verfahren (Bist du cis? trans? nichtbinär?), scheint der Familienministerin nicht sonderlich am Herzen zu liegen. Sie ignoriert die Alarmrufe von immer mehr MedizinerInnen, die davor warnen, dass so ein lässiger „Geschlechtswechsel“ den Schritt zu Hormonbehandlungen und OPs gerade für Jugendliche gefährlich leicht machen würde.
Die gebetsmühlenartige Erklärung, medizinische Maßnahmen würden im Gesetz „nicht geregelt“, ändert daran nichts. Zumal ein Gesetz, das die Krankenkassen zur Übernahme der Millionen-Kosten medizinischer Maßnahmen verpflichtet, bereits in Arbeit sein soll.
Möglich wäre der „Geschlechtswechsel“ in Deutschland zukünftig also tatsächlich schon ab 14 Jahren, mitten in der Pubertät. Stimmen die Eltern nicht zu, „ersetzt das Familiengericht die Zustimmung“, sofern das dem „Kindeswohl nicht widerspricht“.
Das biologische Geschlecht? An manchen Stellen dann doch für relevant befunden
Dass es nicht noch schlimmer gekommen ist, ist den unermüdlichen Informationen und Protesten von Elterninitiativen, Feministinnen, Berufsverbänden wie auch Transmenschen selbst zu verdanken.
Und Innenministerin Nancy Faeser. Sie verhinderte eine Verabschiedung des Referentenentwurfs kurz vor der Sommerpause. Das BKA war aufgewacht. Es hatte bemerkt, dass der völlig voraussetzungslose Wechsel in eine neue Identität es Kriminellen einfach machen würde, unterzutauchen. Die nun ins Gesetz geschriebene Lösung: Der Geschlechtswechsel bleibt aktenkundig und wird Behörden wie BKA, Verfassungsschutz oder auch dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mitgeteilt. Dass das BKA erst so spät sein Veto einlegte – ein Jahr nach Vorstellung der „Eckpunkte“ zum Gesetz – zeigt, wie zurückhaltend das Gesetz anscheinend auch innerhalb des Kabinetts von den federführenden Frauen- und Justizministerien kommuniziert worden war.
Justizminister Buschmann hatte das Frauenministerium allerdings schon vorher leicht ausgebremst und immerhin dafür gesorgt, dass das biologische Geschlecht an einigen Stellen dann doch für relevant befunden wurde. Zum Beispiel im Sport: Die „Bewertung sportlicher Leistungen kann unabhängig vom aktuellen Geschlechtseintrag geregelt werden“. Oder in der medizinischen Versorgung: „Auf den aktuellen Geschlechtseintrag kommt es nicht an, wenn medizinische Maßnahmen zu ergreifen sind.“ Oder im Strafvollzug: „Ändert ein bislang männlicher Strafgefangener seinen Geschlechtseintrag in ‚weiblich‘, können Persönlichkeitsrechte und Sicherheitsinteressen anderer Strafgefangenen seiner Verlegung in ein Frauengefängnis gegebenenfalls entgegenstehen.“
Im Sport, in Frauenräumen, im Strafvollzug - alles "Einzelfallentscheidungen"
Das alles jedoch sollen sogenannte Einzelfallentscheidungen sein, die der Gesetzesentwurf einzelnen BürgerInnen, Schulen, Sportvereinen oder Strafvollzuganstalten auferlegt – worüber diese sich bereits beklagt haben. Besonders problematisch ist das mit Blick auf geschützte Frauenräume wie Frauenhäuser oder Frauenumkleiden. Überhaupt ist es nur den massiven Protesten von Feministinnen zu verdanken, dass der jetzt vom Kabinett doch tatsachlich verabschiedete Gesetzesentwurf erklärt: BetreiberInnen von Saunen oder Fitnessstudios sei es nach wie vor erlaubt, „einzelnen Personen mit Rücksicht auf das natürliche Bedürfnis nach dem Schutz der Intimsphäre oder auch auf die Befürchtung einer Belästigung der anderen Nutzenden den Zutritt zu verwehren“.
Doch selbst das sorgte noch für einen Aufschrei der Transaktivisten sowie ihres obersten Lobbyisten, des Queer-Beauftragten und Staatssekretärs im Frauenministerium, Sven Lehmann. Die Transaktivisten forderten die Streichung der Passage, konnten sich aber – und das gehört zu den wenigen guten Nachrichten – nicht durchsetzen. Im Gegenteil: In dem neuen Entwurf wird nicht nur das „Hausrecht“ der BetreiberInnen betont, sondern auch deren „Vertragsfreiheit“.
Ist der völlig beliebige Geschlechtsbegriff überhaupt mit der Verfassung vereinbar?
Ob die Zurückweisung biologischer Männer, die sich „als Frauen definieren“, dann nicht doch juristisch gegen das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) verstoßen würde, wird sich zeigen. Die erste Anzeige gegen einen Clubbesitzer liegt schon vor. Und die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, erklärte vorauseilend, hier begehre ja „schließlich kein Mann Zugang, sondern eine Frau“. Die Frau hat Sinn für Humor.
Mit dem Beschluss des Kabinetts geht der Gesetzentwurf nun in den Bundestag, wo er nach Ende der Sommerpause debattiert werden wird. Es ist zu hoffen, dass die Abgeordneten dann die richtigen Fragen stellen. Zum Beispiel: Ist die Tatsache, dass Eltern bereits einen Säugling oder ein Kleinkind vom Mädchen zum Jungen amtlich erklären lassen könnten und umgekehrt, überhaupt mit den Kinderrechten vereinbar? Ist die Tatsache, dass eine 14-Jährige gegen den Willen der Eltern ihren Geschlechtseintrag ändern könnte, vereinbar mit den gesetzlichen Elternrechten?
Und: Ist der völlig beliebige Geschlechtsbegriff überhaupt mit der Verfassung vereinbar? Schließlich hatte das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen bisher stets erklärt: Dem Personenstand sei „Eindeutigkeit und Dauerhaftigkeit zu verleihen“, damit „beliebige Personenstandswechsel“ ausgeschlossen werden könnten.
Keine Frage: Dieser Gesetzentwurf ist noch lange kein Gesetz. Und vermutlich wird der FDP-Abgeordnete und Naturwissenschaftler Christoph Hoffmann nicht der Einzige sein, der laut und vernehmlich widerspricht. Er schrieb noch vor ein paar Tagen an EMMA: „Es fehlt völlig der Jugendschutz. Ich werde diesem Unfug nie zustimmen!“