Chaos: Kinder in Quarantäne

Ben, Tag sieben in Quarantäne. Foto: privat
Artikel teilen

Mein Sohn Ben sitzt seit einer Woche in Quarantäne. Eine Woche muss er noch. Obwohl der Siebenjährige etliche negative Schnelltests sowie einen negativen PCR-Test vorweisen kann, ist daran nicht zu rütteln. Wenn morgens seine KlassenkameradInnen an seinem Kinderzimmerfenster zur Schule vorbeiziehen, sitzt er hinter der Glasscheibe und fängt manchmal an zu weinen. Kein Sport am Nachmittag, niemand zum Spielen, totale Isolation.

Anzeige

Wir, seine Eltern und auch seine kleine Schwester müssen hingegen nicht in Quarantäne. Nur, er, der gesund ist und seit elf Tagen keinerlei Symptome zeigt. Und das, wo sich sonst jeder mit einem negativen PCR-Test von Quarantäne-Regularien befreien kann. Das sind die Regeln. Und die sind weder ihm zu vermitteln, noch uns, den Eltern.

Wir Mütter sind auf 180. Wir werden beruflich schon wieder zurückschrauben müssen

So wie Ben sitzen zurzeit 15 weitere Kinder aus seiner Klasse zuhause in Quarantäne – und mit ihnen ihre Mütter. Wir alle sind auf 180. Wer wird den ganzen Herbst, den ganzen Winter immer wieder im Beruf zurücktreten müssen, um eine oft sinnlose vom Gesundheitsamt verhängte Unterweisung auszusitzen? Größtenteils wohl die Mütter. So jedenfalls lief es die ganze Pandemie über.

Das Schlimme: Ein Ende ist nicht in Sicht! Kinder bis zwölf Jahre dürfen ja nicht geimpft werden. Wenn sie ohne zu erkranken aus der Quarantäne entlassen werden, ist es eine Frage der Zeit, bis der nächste Corona-Kontakt sie wieder in den Hausarrest zwingt. Erkrankte Kinder hingegen sind als Genesene privilegiert. Paradox, dass man sich als Mutter fast schon eine Erkrankung wünscht. Das Leiden der isolierten Kinder wiegt mittlerweile schwerer als eine Corona-Erkrankung selbst.

Alle Welt erfreut sich an den Lockerungen, für Kinder geht es häppchenweise in den Lockdown im Kinderzimmer.

Die NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) erklärte zu Schulbeginn großspurig, dass nur SchülerInnen aus unmittelbarer Nähe betroffen seien, es gelte die sogenannte „Sitznachbarregelung“. Doch die wird in der Praxis nicht umgesetzt. Und warum nicht? Weil die Gesundheitsämter die Quarantäne festlegen und nicht das Schulministerium. Und die sind schon jetzt überfordert. Da ist es einfacher, rumms für alle eine zweiwöchige Quarantäne zu verhängen, statt sich den Einzelfall anzuschauen und negativ getestete Kinder aus der Quarantäne zu entlassen. Zu viel Verwaltungsaufwand.

Wo sind die Studien, die belegen, dass ein Kind auch nach dem siebten Tag noch erkranken kann? Warum ist ein Freitesten mit negativem PCR-Test nach einer Woche noch immer nicht möglich? Warum haben Eltern permanent das Gefühl, dass sowohl die Kultusministerien als auch die Gesundheitsämter bei Totalversagen immer wieder davonkommen?

Warum kommen die Kultusministerien und Gesundheitsämter bei Totalversagen davon?

Ein Land hat die Pflicht, sich nicht nur um UrlaubsrückkehrerInnen, Karnevals- und Bundesliga-Regelungen zu sorgen, sondern auch die in den Fokus zu nehmen, die gar nicht die Chance haben, sich vor Corona zu schützen – und die seit eineinhalb Jahren massiv unter der Pandemie leiden. Das sind die Kinder!

Aber wie soll das gehen in einem Land, in dem es nicht einmal eine voll auf das Ressort ausgerichtete Familienministerin gibt, sondern eine Justizministerin das „Familiengedöns“ mal eben bis zur Wahl nebenher mitmacht. Es ist eine Frechheit!

Artikel teilen
 
Zur Startseite