Etwas ist passiert - aber nicht genug!

© Chrstian Hartmann/ Reuters
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Etwas ist passiert in diesen letzten ein, zwei Jahren. Ein Meinungsbildungsprozess hat stattgefunden in Deutschland zu einem Thema, das lange ein Nicht-Thema war: zur Prostitution. Vor noch gar nicht so langer Zeit hatte sich – außer den Betroffenen – kaum jemand für das Problem interessiert. Jetzt aber ist es im Fokus von Medien und Menschen.

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Das wurde EMMA zum Beispiel am 12. August überdeutlich, als die Nachricht kam, dass Amnesty International in Zukunft für eine „Legalisierung“ der Prostitution eintreten will, für die „Entkriminalisierung der Organisation von Sexarbeit“. Da stand das Telefon einen Tag lang nicht mehr still und im Mail-Postkasten rappelte es: Alle, alle wollten wissen, was denn nun EMMA und Alice Schwarzer dazu sagen. Und auch bekannten Prostitutionsgegnerinnen wie Lea Ackermann von „Solwodi“ wurden die Mikrophone unter die Nase gehalten.

Das Problem Prostitution ist endlich im Fokus von Medien und Menschen

Das ist neu. Und es ist Ausdruck eines endlich auch in Deutschland erwachten Bewusstseins, dass hier ein Elefant im Wohnzimmer steht. Ein gewaltiges Problem haben nicht nur die Armutsprostituierten aus Osteuropa und Drittwelt-­Ländern, die nicht nur in Deutschland für Hungerlöhne und unter Sklavinnen-­Bedingungen anschaffen. Ein Problem haben alle Frauen und Männer in einem Land, in dem es selbstverständlich scheint, dass Frauen das käufliche Geschlecht sind.

Die neue Nachdenklichkeit wurde aus­gelöst von einem EMMA-Appell, in dem 90 Prominente erklärten: „Wir fordern: ­Prostitution abschaffen! Ändert endlich das Zuhälter-Gesetz.“ Unter den ErstunterzeichnerInnen waren Senta Berger und Maria Furtwängler ebenso wie Dieter Nuhr und Reinhard Mey, Marlene Streeruwitz und Jenny Erpenbeck ebenso wie Wolfgang Niedecken und Ranga ­Yogeshwar.

Seither tobt die Debatte. An allen Fronten. Und auch in die Politik kam nach Jahren des Stillstands endlich Bewegung. Denn das seit 2002 geltende Gesetz hatte Deutschland zur „europäischen Drehscheibe des Frauenhandels“ und zum Einreiseland für Sextouristen gemacht. Damit sind die Hunderttausende von Frauen in der Armutsprostitution mehr denn je ausgeliefert – vor allem in Deutschland, wo der Markt dank der ­laschen Gesetzgebung explodiert ist und mit ihm die Profitraten der Frauenhändler (bis zu 1000%).

Ist es Zufall, dass ai sich jetzt auf die Seite der Pro-Prostitutions-Lobby schlägt?

Heutzutage ist nicht nur der Waffen- und Drogenhandel global, sondern auch der Handel mit der Ware Frau. Was die Verlorenheit der Mädchen und Frauen in der Prostitution und den Grad ihrer Ausbeutung ins Unerträgliche gesteigert hat.

In der gesamten westlichen Welt ist die Prostitution endlich aus dem Dunkel der Verdrängung in das Licht des Skandals gestoßen worden. Ist es also ein Zufall, dass die linke Menschenrechtsorganisa­tion Amnesty International sich ausgerechnet jetzt auf die Seite der Akzeptanz von Prostitution und damit die der Mil­liarden-Interessen von Frauenhändlern, Zuhältern und Bordellbetreibern schlägt?

Nein, es ist kein Zufall. Denn bei Amnesty ist offensichtlich dasselbe passiert, was wir seit Jahren weltweit und auch in Berlin beobachten: Die Politik und die Menschenrechtsorganisation werden seit Jahren systematisch von Lobbyisten der milliardenschweren Sexindustrie unterwandert.

Zwei Tage nach der skandalösen Entscheidung von Amnesty pro Profiteure enthüllte die Guardian-Journalistin Julie Bindel Ungeheuerliches: Sie war schon 2014 von Amnesty-Mitarbeiterinnen kontaktiert worden, die alarmiert waren wegen der Pro-Prostitutions-Stimmung in ihrer Organisation.

Der Guardian enthüllte die Unterwanderung von ai durch die Sexindustrie

Die war nicht zuletzt von einem gewissen Douglas Fox geschürt worden. Fox, dessen Lebensgefährte einen Escort-Service betreibt, ist Gründer der „International Union of Sexworkers“. Diese Interessenvertretung der Sexindustrie gibt sich – ganz wie ähnliche Organisationen in Deutschland – den Anschein einer Pros­tituierten-Gewerkschaft, ist aber das ­Gegenteil: nämlich eine Stimme der BordellbetreiberInnen, Zuhälter, Pornoproduzenten und Freier. Hier sprechen also Arbeitgeber im Namen der Arbeitnehmer.

Fox bestätigte 2014 ganz offen dem Online-Magazin News Letter, dass er ab 2008 „seine Unterstützer aufgefordert hat, Amnesty beizutreten und die Gruppe von innen heraus zu bearbeiten“. Jetzt, nach Verabschiedung der Pro-Prostitutions-­Resolution, jubelte Fox in demselben ­Magazin: „Ich bin stolz, dass ich die ­Resolution für die Entkriminalisierung auf den Weg gebracht habe“.

Darauf kann Mister Fox auch stolz sein. Schämen muss sich nur die einstige Menschenrechtsorganisation Amnesty.

Denn es geht ja keineswegs, wie immer wieder behauptet, um eine „Entkriminalisierung“ der Prostituierten – die werden nämlich in Ländern wie England oder Deutschland schon lange nicht mehr verfolgt oder bestraft. Im Gegenteil: nicht mehr „kriminalisiert“, d.h. nicht verfolgt oder bestraft werden sollten auf Wunsch von Amnesty die Händler mit der Ware Frau. Sie sollten auf dem Milliarden-Markt der Sexindustrie in ­Zukunft noch freier schalten und walten können. Resultat: Die Mädchen und Frauen in der Prostitution wären ausgelieferter denn je zuvor.

Amnesty International ist auf der Seite der Täter - statt der Opfer

Die überwältigende Mehrheit der Frauen, die heute in Deutschland anschaffen, kann kaum ein Wort Deutsch und wird von den Händlern mit der Ware Frau als „Frischfleisch“ von Bordell zu Bordell, von Modelwohnung zu ­Modelwohnung geschoben. Was diese Frauen dringend brauchen, ist: mehr Schutz! Und Angebote zum Ausstieg!

Da ist es mehr als zynisch, dass ausgerechnet eine Menschenrechtsorganisation von „einvernehmlichem Sex“ bei Prostitution ausgeht und die Zuhälter entkriminalisieren will. Damit schlägt Amnesty sich auf die Seite der Täter – statt der Opfer. So sehen das auch die vielen Frauen (und Männer), die im Vorlauf der Entscheidung von Amnesty protestiert haben – darunter Stars wie Meryl Streep, Lena Dunham und Kate Winslet. Dass Amnesty es trotz der weltweiten Proteste gewagt hat, pro Frauenhändler zu entscheiden, zeigt, dass diese Organisation keine Menschenrechtsorganisation mehr ist. Diese Positionierung ­bedeutet das klägliche Ende von Amnesty.

Aber was ist mit der Reform des deutschen „Zuhältergesetzes“? Da scheint der lange kreißende Berg demnächst eine Maus zu gebären.

Aus den Fluren der zuständigen Ministerien dringt, dass die Kondompflicht eingeführt werden soll – das ist gut. Und dass es eine Erlaubnispflicht für Betreiber von Prostitutionsstätten geben soll – das ist egal, weil das Milieu sowieso mit Strohmännern und Strohfrauen arbeitet. Und dass eine Anmeldepflicht kommen soll – ein Verstoß dagegen jedoch nur mit 15 Euro sanktioniert wird (Falschparken ist teurer).

Auf den ersten Blick scheint es, als passiere endlich etwas...

Es ließen sich noch zahlreiche solcher geplanten Halbherzigkeiten aufzählen, die auf den ersten Blick glauben machen, es passiere endlich etwas – auf den zweiten Blick jedoch klarmachen: Nix passiert. Beispiel Gesundheitsberatung: nur einmal im Jahr und die Anwesenheit Dritter „kann“ nur ausgeschlossen werden (muss aber nicht, was die Zuhälter freuen wird).

Beispiel Flatrate-Verbot: Das wird nicht erteilt, es soll im „vertraglichen Binnenverhältnis“ geregelt werden (zwischen den „Partnern“ Bordellbesitzer und einer 18-jährigen Rumänin zum Beispiel).

Gar nicht erst angegangen ist die Große Koalition die Anhebung des Mindestalters von 18 auf 21 Jahre (je jünger je gefragter und gefährdeter). Die Streichung des „Weisungsrechts“ der Bordellbetreiber (immerhin: wenigstens das „Nacktgebot“ soll verboten werden). Oder das Verbot von Wuchermieten (Wie die 150–180 Euro Miete in den Laufhäusern, am Tag! Dafür muss eine Frau schon fünfmal hinhalten, nur um die Miete zu zahlen – und dann hat sie noch nichts zu essen).

Kurzum: Zwar ist die Öffentlichkeit wach geworden und beginnt das Problem Prostitution, diese „weiße Sklaverei“, wie es international heißt, zu begreifen. Die Berliner Politik aber hinkt kräftig hinterher. Sie hat sich offensichtlich auch die Reform der Reform wieder mal von der Prostitutions-Lobby und deren Freun­dInnen ins Gesetz diktieren lassen.

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Alice Schwarzer (Hrsg.): "Prostitution - ein deutscher Skandal" (KiWi, 9,99 €)

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Amnesty will Zuhälter schützen!

ai will die "Organisation von Sexarbeit" entkriminalisieren.
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Trotz internationaler Proteste hat die Menschenrechtsorganisation amnesty international gestern eine Resolution verabschiedet, die besagt, dass sie in Zukunft weltweit „gegen die Kriminalisierung“ und „für eine Legalisierung der Prostitution“ kämpfen wird. Und wie zum Hohn fügte ai noch hinzu: Das gelte selbstverständlich nur für die Prostitution, bei der „einvernehmlicher Sex“ praktiziert werde.

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ai für die Lega-
lisierung der "Organisation der Sexarbeit"

Da in unseren Breitengraden Prostituierte schon lange nicht mehr verfolgt bzw. bestraft werden, sondern es vor allem um ihren Schutz vor der Ausbeutung durch Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber geht, bedeutet das: Die Menschenrechtsorganisation, die betont, es ginge ihr um die Entkriminalisierung "der Organisation von Sexarbeit" will ausgerechnet diejenigen, die Milliarden an dem Handel mit Frauen verdienen, vor Bestrafung schützen.

ai setzt sich für Regulierung und einen freien Markt im Frauenhandel ein. „Amnesty kämpft jetzt auch für Zuhälter“, kommentierte Der Spiegel trocken. Damit hat die Menschenrechtsorganisation, die wegen fragwürdiger Allianzen schon seit Jahren in der Kritik steht, endgültig jede Glaubwürdigkeit verloren.

Begonnen hatte es in der – wie Eingeweihte sagen, „systematisch unterlaufenen“ – Organisation schon vor Jahren mit einer merkwürdigen Sympathie für die Islamisten und der Weigerung von ai, die Opfer der religiös verbrämten Gewalt als „politische Opfer“ anzuerkennen.

Zwangsverschleierte, ihrer elementarsten Menschenrechte beraubte, gesteinigte Frauen waren nach den Regeln der linken Menschenrechtsorganisation keine „politischen Opfer“, denen sie hätten beistehen müssen, sondern „Opfer privater Gewalt“, die ai nichts angehen.

Das ist das un-
rühmliche Ende der Organisation für Menschen-
rechte

In der Logik ist dieser neue Schritt von amnesty nur konsequent. Auch in dem Geschäft von Frauenhandel & Prostitution - beide untrennbar miteinander verbunden und für seine Betreiber einträglicher als der Waffen- und Drogenhandel - schlägt die einst zum Schutz politischer Gefangener gegründete Organisation sich jetzt auf die Seite der Täter. Und das nicht etwa nur, indem amnesty das Problem ignoriert, sondern indem die Organisation offensiv für die Nicht-Verfolgung der wahren Profiteure eintritt.

Amnesty setzt sich im Bereich der „Weißen Sklaverei“ (wie die Prostitution international genannt wird) nicht etwa für die Opfer ein, sondern für die Täter. Diese Entscheidung sei „ein historischer Tag“, erklärte der ai-Generalsekretär Salil Shetty. Wohl wahr. Denn damit ist die Geschichte der 1961 gegründeten Menschenrechtsorganisation endgültig an ihrem unrühmlichen Ende angelangt.

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