Alice Schwarzer schreibt

Die Pionierin der Girlies

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Sie ist das Symbol der emanzipierten, intellektuellen Frau des 20. Jahrhunderts. Sie gehört zu der Anfang des Jahrhunderts geborenen ersten Generation von Frauen, die, zumindest theoretisch, uneingeschränkten Zugang zu Bildung und Beruf hatten: Frauen wie die Philosophin Hannah Arendt, die Schriftstellerin Mary McCarthy oder die Anthropologin Margaret Mead. Diese Pionierinnen waren stolze, selbstbewusste Frauen, die die Frauenfrage für erledigt hielten und sich selbst keineswegs in erster Linie als "Frauen" verstanden, sondern als Menschen. So schrieb Simone de Beauvoir im Rückblick über sich selbst: "Ich hielt mich nicht für eine 'Frau', ich war ich."

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Es dauerte Jahre, ja Jahrzehnte, bis diese Pionierinnen sich ihrer Grenzen bewusst wurden, ihrer Grenzen als Frau- en. Auch Simone de Beauvoir. Schließlich war die intelligente, unkonventionelle Philosophie-Professorin die (geschlechterübergreifend) jüngste Absolventin der Pariser Elite-Hochschule Ecole Normale und im Kreis ihrer Kollegen durchaus anerkannt - allen voran von Jean-Paul Sartre, der ihr lebenslanger Gefährte, ja "Zwilling" wurde. Doch als die später weltberühmte Schriftstellerin Beauvoir bei dem Pariser Verlag Gallimard, wo Sartre bereits "Das Ekel" veröffentlicht hatte, 1937 ihre ersten Erzählungen einreichte, wurden diese mit der Begründung abgelehnt, die Texte seien "unpassend für eine Frau". Heutzutage wäre eine solche Argumentation wohl schwer denkbar, sie würde eher lauten: "Dieser Text wäre passender für unsere Frauenreihe." Als Frau ausgeschlossen sein oder ins Frausein eingeschlossen sein - kommt das nicht letztendlich auf das Gleiche raus?

"Anfänglich hatte ich geglaubt, schnell damit fertig zu werden", schreibt Simone de Beauvoir in ihrem 1949 erschienenen Jahrhundertwerk "Das andere Geschlecht". "Ich hatte nie an Minderwertigkeitskomplexen gelitten, niemand hatte zu mir gesagt: Sie denken so, weil Sie eine Frau sind. Dass ich eine Frau bin, hatte mich in keiner Weise behindert. 'Für mich', sagte ich zu Sartre, 'hat das sozusagen keine Rolle gespielt.' - 'Trotzdem sind Sie nicht so erzogen worden wie ein Junge: Das muss man genauer untersuchen!', antwortete Sartre."Beauvoir machte sich ans Werk: "Ich untersuchte es genauer und machte eine Entdeckung: Diese Welt ist eine Männerwelt." Was Beauvoir, wie verständlicherweise so viele Frauen, emotional verdrängt hatte - nämlich ihre Nichtwahrnehmung als Subjekt und ihre Reduzierung zum Objekt -, das hatte sich bei ihren Studien in der Bibliothèque National ihrem scharfen Intellekt und ihrer unbeugsamen Logik nicht länger verschließen können: Diese Welt war und ist seit Jahrtausenden eine männerbeherrschte Welt; und der Aufbruch der Frauen vom Rand dieser Welt in ihr Zentrum ist ein langer, beschwerlicher, immer wieder unterbrochener Weg.

Jetzt erkannte auch die Privilegierte: Unleugbar spielt es, unabhängig von Bildung, Klassenzugehörigkeit oder Hautfarbe, für jede Frau in jeder Sekunde eine Rolle, dass sie eine Frau ist - ob sie will oder nicht; und für jeden Mann, dass er ein Mann ist. Er macht das Gesetz, sie hat sich zu fügen. Er ist die Norm, sie die Abweichung.

Er ist der Eine, sie die Andere. Mitte des 20. Jahrhunderts veröffentlichte Simone de Beauvoir nach ihrem ersten, vielbeachteten Roman ("Sie kam und blieb") ihr umfassendes theoretisches Werk "Das andere Geschlecht" - und prägt damit bis heute das Denken auch derer, die sich dessen gar nicht bewußt sind. Das Buch veränderte das Leben von Millionen Frauen, ja, die Welt, es ist das Fundament, auf dem die neuen Frauenbewegungen stehen. Ohne dieses Buch hätten sich die Feministinnen des ausgehenden 20. Jahrhunderts mühsam Schritt für Schritt er- obern müssen, was diese eine Pionierin in Siebenmeilenstiefeln abgemessen hat.

Ich selbst gehöre zu der Generation, für die die ferne Existenz einer Simone de Beauvoir eine unerhörte Herausforderung und Ermutigung war. Da war nicht nur ihr Werk - Romane, Essays, Reportagen - da war auch ihr Leben: eine Intellektuelle, die sich widerständig und beachtet in die politischen Debatten ihrer Zeit einmischte; eine Frau, die mit ihrem Weggefährten unverheiratet, in getrennten Wohnungen und in "freier Liebe" lebte; eine Schriftstellerin, die kreativ, erfolgreich - und begehrenswert war. Kurzum: eine ganz und gar unerhörte Erscheinung!

So war es eine Freude und Bereicherung für mich, als ich ihr in den 70er Jahren begegnete und eine der Frauen wurde, mit denen zusammen sie sich in der feministischen Arbeit engagierte. Schließlich wurde daraus sogar eine persönliche Freundschaft. Diese politische und menschliche Nähe erklärt den so offenen Ton der als spröde und zurückhaltend bekannten Beauvoir in den Interviews, die ich zwischen 1972 und 1982 mit ihr führte. Doch selbst in diesen Gesprächen hat sie, ganz wie in ihren Memoiren, nicht immer die volle Wahrheit gesagt, wie sich nach ihrem Tod herausstellte. Verständlicherweise. Allerdings hat Beauvoir selbst diese volle Wahrheit via Nachlass posthum mitgeteilt. Die Rede ist hier vor allem von dem Deal zwischen Beauvoir und Sartre und von ihrer eigenen lebenslang gelebten Bisexualität.

Einige Jahre vor ihrem Tod 1986 hatte ich Simone de Beauvoir gefragt, ob es etwas gäbe, was sie als Autorin heute anders machen würde. "Ich wäre ehrlicher", hat sie geantwortet. "Ich habe nicht alles gesagt über meine Sexualität." Sie hat auch nicht alles gesagt über den Preis ihrer "freien Liebe". Denn natürlich war der Pakt einer Hauptbeziehung mit Sartre - bei gleichzeitigen Nebenbeziehungen mit Dritten - schwerer für die Frau, die Liebe und Sexualität nicht so leicht trennen konnte und wollte. Und vermutlich hat sie sich, bewusst oder unbewusst, auch darum lebenslang auf keine wirklich ernstzunehmende Beziehung neben Sartre eingelassen. Auch ihrer Liebe zu Frauen hat Beauvoir systematisch durch ungleiche, ihr nicht gewachsene Freundinnen keine Chance gegeben. Nicht zufällig hat sie erst gegen Ende von Sartres Leben erstmals einem anderen Menschen, nämlich Sylvie le Bon, einen zentralen Platz in ihrem Leben eingeräumt.

Ausgerechnet die Autorin, die die klarsichtigsten Texte über Liebe und Sexualität geschrieben und sie auch gelebt hat, hat also lange einen Blindflecken bei der Frage der weiblichen Homosexualität gehabt. Sie äußerte sich zwar schon im "Anderen Geschlecht" mit einer für die Zeit unerhörten Tabulosigkeit dazu, aber politisch konnte sie es erst in den frauenbewegten 70er Jahren, in der Zeit der Gespräche mit mir, zu Ende denken. Frauenliebe, das war für Simone de Beauvoir Verlockung und Bedrohung zu- gleich. Denn sie muss gespürt haben, dass sie ihren Anspruch auf Ganzheitlichkeit nur mit der Unterstützung eines Mannes würde realisieren können. Ist vielleicht das der eigentliche Grund für ihren lebenslangen Pakt mit Sartre, ihrem "männlichen Zwilling"? Und hat Beauvoir vielleicht einen zu hohen Preis bezahlt?

So zumindest sieht es das englische Philosophenpaar Kate und Edward Fullbrook. Sie stellten nach Erscheinen von Beauvoirs Briefen die minutiös belegte These auf, Beauvoir sei nicht, wie immer behauptet, die "Schülerin Sartres", sondern es sei genau umgekehrt: Sie sei die eigentliche Schöpferin des französischen Existentialismus und Sartre ihr "Plagiator". Doch auch Beauvoir selbst habe lebenslang versucht, das zu vertuschen (siehe Emma 5/95). War es die unausgesprochene Bedingung dieses Paktes zwischen einer Frau und einem Mann, dass sie nicht nur alles mit ihm teilte, sondern ihm ganze Teile ihres Lebens und Denkens abtrat - von den Geliebten bis zu den Erkenntnissen? Und ist es vielleicht überhaupt so, dass Frauen, denen Männer die Gnade der Gleichheit gewähren, sich diese erkaufen müssen - durch Zuarbeit?

Hatte die junge Simone de Beauvoir also den brillanten Jean-Paul Sartre vor allem gewählt, um an seiner Seite Zugang zu der ihr als Frau verschlossenen Welt zu haben? Und durfte gerade sie genau darum die Symbiose auf keinen Fall gefährden? War die "Osmose" mit Sartre Beauvoirs Art, sich die männliche Welt zu erschließen? Hat sie mit ihm und über ihn das ausagiert, was sie als Frau nicht tun durfte? War Sartre für sie auch eine Art Medium, über das sie, die Frau, "männlich" denken und handeln durfte? Also viel mehr als ein Gegenüber - nämlich die ihr, der Anderen, verweigerte "eine" Hälfte?

Es ist wahrscheinlich, dass die bedeutendste Intellektuelle dieses Jahrhunderts ohne diesen Mann an ihrer Seite nie die hätte werden können, die sie geworden ist. Jedoch: Sie wäre ohne ihn auch nicht Gefahr gelaufen, in seinem Schatten zur relativen Frau, zur "Anderen" degradiert zu werden. Als das posthume Erscheinen der Beauvoir-Briefe 1990, vier Jahre nach ihrem Tod, enthüllt, dass der "reizende Biber" (charmant castor, wie Sartre sie nennt) seinem "geliebten kleinen Geschöpf" (wie sie ihn vorzugsweise anspricht) die Liaisons mit Frauen meist als "lästig" und unbedeutend dargestellt hat, war eine ihrer frühen Geliebten, Bianca Bienenfeld, so verletzt, dass sie, ein halbes Jahrhundert später, zur Abrechnung schritt. Sie veröffentlichte "Die Memoiren eines getäuschten Mädchens" ("Mémoires d'une fille dérangée" - in Anspielung auf Beauvoirs "Mémoires d'une fille rangée"). Darin beklagte die Gekränkte sich bitter über die "Skrupellosigkeit" des allzu freien Paares.

All das ist Wasser auf die Mühlen derer, die schon lange dem Mythos Beauvoir an den Kragen wollen - wenn auch aus ganz anderen Gründen (und obwohl gerade sie früher daran mitgestrickt hatten). Nicht nur Beauvoirs Werk sei fragwürdig, sondern auch ihr Leben sei alles andere als vorbildhaft, heißt es nun. Die ganze Libertinage sei auf seinem Mist gewachsen. Gedemütigt habe sie ein Leben lang Sartres Harem ertragen. Und Frauen gegenüber habe sie sich schlimmer verhalten als jeder Kerl. Von den verpassten Wonnen der angeblich so schroff abgelehnten Mutterschaft ganz zu schweigen...

Zu Lebzeiten Sartres war Beauvoir geschützt gewesen durch den Status der "Frau an seiner Seite". Die Demontage begann prompt nach Sartres Tod 1980. Flugs wurde sie nun zu dem degradiert, wogegen sie ein ganzes Leben lang gekämpft hatte: zur relativen Frau.

Gerade Linke, die einst selbst adorierend zur Mythenbildung beigetragen hatten, rechnen jetzt mit den früher so Verehrten ab. Vor allem mit ihr. Was nicht neu ist. Bei Erscheinen des "Anderen Geschlechts" schleuderte Albert Camus ("Der damals noch ein Freund war") das Buch quer durch den Raum und giftete: "Sie haben den französischen Mann lächerlich gemacht!" Und niemand griff Beauvoir für ihre die bestehende Ordnung so fundamental infrage stellende Analyse des Machtverhältnisses zwischen den Geschlechtern so heftig an wie die Kommunisten: im faschistischen Spanien war das Buch ebenso verboten wie im kommunistischen Osteuropa.

Auch heute kommen die KritikerInnen meist aus sich als fortschrittlich verstehenden Lagern - oft sind es Frauen. Was es nicht einfacher macht. Denn das Verhältnis von Frauen zur "Übermutter" Beauvoir ist nicht selten unsouverän und angespannt. So nähert sich selbst ihre Biographin Deirdre Bair, mit der Beauvoir in ihren letzten Lebensjahren zahlreiche Gespräche geführt hatte, nicht etwa offen und neugierig ihrem Sujet, sondern voreingenommen und nörgelnd. Sie geht so weit zu behaupten, Beauvoir habe in ihren letzten Lebensjahren "kategorisch Mutterschaft und Hausarbeit abgelehnt". Dabei kritisiert Beauvoir keineswegs die Mütter, sondern die auf Kosten von Müttern gehenden Verhältnisse. Dasselbe bei der "Weiblichkeit", deren ideologisches Konstrukt sie kritisiert, nicht deren Opfer. Beauvoirs distanzlose Biographin beklagt allen Ernstes das Fehlen von "stimmigen und daher befriedigenden Antworten" in Beauvoirs Werk - als schreibe die Philosophin Rezeptbücher ...

Überhaupt ist gerade die Reaktion so mancher intellektuellen Frau auf diese eine Frau, die das Leben von Millionen Frauen veränderte, so manches Mal kleinlich und engherzig. Sie scheinen sich einerseits blind mit dem Vorbild zu identifizieren, andererseits das einstige Idol für ihr eigenes Ungenügen zu hassen. Oder sie leiden daran, von der "großen Schwester" nicht geliebt worden zu sein.

So wie die Psychoanalytikerin Luce Irigaray, die sich fast kindlich über die "Distanz" Beauvoirs zu ihr beklagt: "Wie kann man das zwischen zwei Frauen verstehen, die doch hätten zusammenarbeiten können, ja sollen?" fragt sie. Aber warum sollte die bedeutendste Theoretikerin der Gleichheit der Geschlechter (und damit der Menschen überhaupt) die Nähe einer Frau suchen, die wie Irigaray die Differenz, also die Ungleichheit, propagiert (und die Abschaffung der "geschlechtlichen Differenz" als "Genozid" bezeichnet, der "vollständiger wäre als jede Vernichtung in der Geschichte")?

Der Konflikt um Beauvoir hat also keineswegs nur psychologische, sondern auch handfeste politische Gründe. Denn die Kritik an der bedeutendsten Vertreterin des universell-feministischen Denkens in diesem Jahrhundert kommt quasi ausschließlich von den sogenannten "Differentialistinnen"; das heißt von Frauen, die, wie Diskursführerin Hélène Cixous, der Auffassung sind: "Geschlecht ist Schicksal". Sie stellen nicht die Machtfrage wie Beauvoir, sondern verschleiern und rechtfertigen sie damit, und sie beharren auf einer mythischen Differenz zwischen den Geschlechtern. Beauvoir ist in ihren Augen eine "Verräterin der Weiblichkeit", denn sie habe einen "männlichen Diskurs". Wer aber ist Simone de Beauvoir? Sie ist eine Frau, die kein Mann sein will. "Die Frau kann nur dann ein vollständiges Individuum sein, wenn auch sie ein geschlechtlicher Mensch ist", schreibt sie im "Anderen Geschlecht": "Auf ihre Weiblichkeit verzichten hieße, auf einen Teil ihrer Menschlichkeit verzichten." Doch Beauvoir begnügt sich - im Gegensatz zu ihren Kritikerinnen - nicht mit dem Frausein. Sie nimmt sich auch als "männlich" definierte Freiheiten heraus.

Die Differentialistinnen aber vergessen bei ihrer Kritik geflissentlich zu sagen, dass Beauvoir von einem ihnen entgegengesetzten politischen Konzept ausgeht: Sie ist eine unbeugsame Kritikerin der Betonung und Verherrlichung eines quasi natürlichen, schicksalhaften Unterschiedes der Geschlechter. Beauvoirs Ideal ist im Gegenteil die Wiedervereinigung des in eine "weibliche" und eine "männliche" Hälfte geteilten Menschen. Ihre Utopie ist die "Geschwisterlichkeit" der Geschlechter. Ihr Credo ist der berühmteste feministische Satz dieses Jahrhunderts: "Man wird nicht als Frau geboren, man wird es."

Die Tochter einer Hausfrau gehört zu der ersten Generation der weiblichen Elite dieses Jahrhunderts. Die Pariser Intellektuelle bricht aus der Enge des bürgerlichen Hauses aus und geht in die Welt. Von Anfang an will Simone de Beauvoir beides sein: Objekt und Subjekt, Frau und Mann, Mensch. Sie weiß um die unterschiedlichen Prägungen und Realitäten der Geschlechter - aber sie nimmt sich die Freiheit der Wahl. Sie will sich nicht teilen lassen in Kopf oder Körper, in geachtet oder begehrt. "Sie wollte als Intellektuelle und als Frau verführen" (Toril Moi).

In diesem Jahr jährt sich zum 50. Mal das Erscheinen von Simone de Beauvoirs epochalem Werk "Das andere Geschlecht", dessen erster Teil im Mai und zweiter Teil im Oktober 1949 erschien. Zeit, Bilanz zu ziehen. Was haben dieses Buch und das gesamte Werk von Simone de Beauvoir bewirkt? Wie aktuell ist ihr Denken heute? Und wo ist ihr Platz in der Tradition des universell-feministischen Denkens in der Geschichte der Menschheit? Das existentialistische Credo von Beauvoirs Werk lautet: Der Mensch ist frei geboren. Ein Satz, der heute, in Zeiten der entmündigenden Psychologisierung und verschleiernden Mystifizierung der "Differenz" - zwischen den Geschlechtern, Rassen oder Kulturen - brennend aktuell ist. Nicht nur in Afghanistan, Algerien oder im Iran kann der "kleine Unterschied" das Leben kosten. Das Leben einer Frau.

Im letzten Satz vom "Anderen Geschlecht" wünscht Simone de Beauvoir Frauen und Männern, dass sie eines Tages "rückhaltlos geschwisterlich zueinander finden können". Was eine Verheißung und Herausforderung für Männer wie Frauen ist. Denn Beauvoirs Werk kann Frauen zwar als Erklärung für ihre Lage, nie aber als Entschuldigung dienen.

Die Erfahrungen der Pioniergeneration, in der einzelne Vorreiterinnen glaubten, es bereits geschafft zu haben, könnten lehrreich sein für die neue Frauengeneration, die nicht länger nur vereinzelt, sondern nun in ihrer Gesamtheit Zugang zu Bildung und Beruf hat. Doch auch den jungen Frauen wird, ganz wie einst, der uneingeschränkte Zugang zur Welt und die Teilhabe an der Macht verweigert. Die jetzt nachrückende vierte Frauengeneration des 20. Jahrhunderts - die nach den Pionierinnen der 20er und der 50er Jahre und den Feministinnen der 70er Jahre - könnte profitieren von der Erfahrung einer Simone de Beauvoir: von ihrer Klarsicht und ihrem Mut.

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