Ingenieurinnen in die Kita!
Herr Koppel, was studieren Frauen heute denn so?
Koppel: In sprach- und geisteswissenschaftlichen Fächern liegt der Frauenanteil bei 70 bis 80 Prozent. In rein technischen Disziplinen wie Elektrotechnik, Maschinenbau oder Informatik bei nur 15 bis 20 Prozent. Da sind Frauen immer noch ganz klar die Ausnahme.
Dabei heißt es doch, der Frauenanteil in technisch-naturwissenschaftlichen Fächern sei angestiegen.
Das ist er in der Tat. Vor zehn Jahren hatten wir im Bereich der Elektrotechnik einen Frauenanteil von sechs Prozent. Heute sind es rund zehn Prozent. Doch ein Erfolg wäre es nur, wenn sich innerhalb der Studentinnen der Anteil technisch-naturwissenschaftlicher Fächer erhöht hätte. Das ist aber nicht so. Der relative Fachrichtungsanteil innerhalb der Studentinnen bleibt seit Jahren konstant.
Und im Ausbildungsbereich?
Da ist die Situation wirklich dramatisch. In technischen Ausbildungsberufen wie Mechatronik oder Elektrotechnik gibt es fünf bis acht Prozent Frauen. Das ist extrem wenig. Gleichzeitig sind Ausbildungsberufe wie Erzieherin oder Friseurin extrem frauendominiert. Die Top Ten der Ausbildungsberufe von Männern und Frauen sieht seit 20 Jahren gleich aus.
Wie denn?
Bei den Männern ist es die KFZ-Ausbildung oder Industriemechanik. Also gewerblich-technische Berufe, die auf die Industrie abzielen. Frauen dagegen finden Sie eher in Dienstleistungsberufen wie Verkäuferin oder Bürokauffrau. Alle Initiativen, die daran etwas ändern wollten, haben dies nicht zu ändern vermocht.
Was läuft schief?
Ich bin kein Freund von Show-Veranstaltungen zu Werbezwecken. So wie beim Girls Day in Unternehmen zum Beispiel. Da kommen die Mädchen kurz vorbei und sehen: Das ist also eine Maschine! Dann dürfen sie zwei Knöpfe drücken und dann gehen sie wieder nach Hause. So funktioniert das nicht.
Was könnte denn funktionieren?
Interesse wecken. Indem man sagt: Wir haben ein vierwöchiges Projekt, ein Schnupperstudium oder ein Praktikum im Angebot. Da müssen Unternehmen ein bisschen Zeit und Geld in die Hand nehmen. Sie könnten ja die Schülerinnen etwas machen lassen, was sie auch selbst gebrauchen können. Vielleicht bauen die dann einfach eine kleine Maschine zusammen, die hydraulische Pressbewegungen macht. Oder basteln eine Solaranlage. Das ist nicht nur ein tolles Erfolgserlebnis, sondern nimmt auch die Scheu. Was wir brauchen, sind Initiativen, die über die berufliche Realität aufklären. Die zeigen, dass Jobs im MINT-Bereich die attraktiveren Arbeitsbedingungen bieten. MINTlerinnen haben häufiger unbefristete Anstellungen. Sie arbeiten Vollzeit. Eine Mechatronikerin verdient deutlich mehr als eine Altenpflegerin. Als Ingenieurin hat man es einfacher als als Psychologin, weil es in Deutschland tausend mittelständische Unternehmen gibt, die Ingenieurinnen und Ingenieure suchen. Frauen sollten sich ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt unter diesen Aspekten ansehen.
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